ERBRECHT IN SOLINGEN

Das Erbrecht ist nicht nur vielschichtig und komplex, es unterliegt auch ständigen Wandlungen, die ihren Niederschlag in der Änderung von Gesetzen oder der Einführung von Verordnungen finden. So haben in den vergangenen Jahren z.B. das Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2016 oder die EU Erbrechtsverordnung Nr. 650/2012 vom 4. Juli 2012 für erhebliche Diskussionen in Fachkreisen, aber auch für erbrechtlichen Handlungsbedarf in der Mandantschaft gesorgt. Wir beraten und vertreten Sie im Zusammenhang mit den erbrechtlichen Fragestellungen, die in Ihrer Lebensplanung eine hervorragende Rolle spielen.
Gestaltung und Überprüfung von (gemeinschaftlichen) Testamenten und Erbverträgen

Die Gestaltung letztwilliger Verfügungen ist von besonderer Bedeutung: Die Beteiligten wollen und müssen die Interessen und Bedürfnisse ihrer Partner und Familien bestmöglich absichern, wünschen sich aber oft auch Handlungsspielräume über die Verfügung hinaus. Sie haben möglicherweise Kinder mit ganz unterschiedlichen Neigungen, Fähigkeiten und Talenten, sie haben (Grund-)Vermögen im Ausland und planen, ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu verlegen. Lassen Sie sich in Ihrer besonderen Lebenssituation individuell erbrechtlich beraten.
Unsere jahrzehntelange Erfahrung auf dem Gebiet des Erbrechts ermöglicht es uns auch, Ihnen interessenbasierte Lösungen für die Gestaltung Ihres Nachlasses unter besonderer Berücksichtigung von unternehmerischen Zielsetzungen anzubieten, etwa wenn die Kinder hinsichtlich der Unternehmensnachfolge noch unentschlossen scheinen oder für weichende Erben ein gerechter Ausgleich gesucht wird.

Ein Schwerpunkt bei der Bearbeitung liegt dabei auch auf der „Friedenssicherung“ für die nächsten Generationen.
Erbengemeinschaften und Auseinandersetzung

Sowohl bei der gestaltenden als auch bei der streitigen Erbauseinandersetzung können lebzeitige Schenkungen des Erblassers an Erben oder Dritte eine Rolle spielen. Der Gesetzgeber hat den Miterben Kompetenzen eingeräumt, eine friedliche Erbauseinandersetzung empfindlich zu stören. Dazu zählt die Möglichkeit, den Erbanteil jederzeit zu veräußern oder die Möglichkeit, mit der Teilungsversteigerung von Nachlassimmobilien zu drohen.

Ein Beispiel:

Der Erblasser hinterläßt neben seiner Ehefrau seine zwei volljährigen Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn lebt in Italien, häufig im Ferienhaus der Familie in Florenz, Ehefrau und Tochter des Erblassers leben in Deutschland. Die „großflächige“ Nutzung des Ferienhauses durch den Sohn hat schon zu Lebzeiten des Erblassers für Konflikte gesorgt. Der Erblasser hinterläßt neben dem Haus in Florenz das Familienwohnheim in Deutschland und erhebliches Bar- und Wertpapiervermögen. Da der Erblasser keine letztwillige Verfügung getroffen hat, bilden die Ehefrau und ihre beiden Kinder eine Erbengemeinschaft. Im Konfliktfall kann es jetzt zur streitigen Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft kommen (s. § 2042 BGB). Jeder Miterbe hat wie bereits oben angedeutet, die Möglichkeit, über seinen Anteil am Nachlass zu verfügen und die Miterben in den Entscheidungszwang zu versetzen, ihr Vorkaufsrecht innerhalb der recht kurzen gesetzlichen Frist von zwei Monaten auszuüben (§§ 2033, 2034 BGB). Der Sachverhalt zeigt aber, dass die Erben ganz unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse haben und sich nach einer guten Beratung über die Möglichkeiten einer gelungenen Erbauseinandersetzung gütlich über die Verteilung des Nachlasses verständigen könnten.

Nur am Rande sei bemerkt, dass in diesem Fall auch die Europäische Erbrechtsverordnung eine Rolle spielen und ein Europäisches Nachlasszeugnis erforderlich werden kann.
 Europäisches Nachlasszeugnis

Die EU-Erbrechtsverordnung (EuErbVO) Nr. 650/2012 vom 4. Juli 2012 gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich. Nach Art. 21 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der gewöhnliche Aufenthalt bemißt sich nach den gesamten Lebensumständen des Erblassers in den Jahren vor seinem Tod und im Zeitpunkt seines Todes. Dabei spielen der Schwerpunkt der beruflichen, familiären und sozialen Kontakte sowie die Dauer und Regelmäßigkeit des Aufenthaltes eine herausragende Rolle. Weitere Indizien für den gewöhnlichen Aufenthalt sind der Bleibe- und Integrationswille des Erblassers, belegt durch entsprechende Sprachkenntnisse.

Ein Beispiel:

Ein deutscher Erblasser stirbt auf Mallorca. Er betrieb dort mit seiner Frau und seinem Sohn mit großem Erfolg eine Fincavermittlungsagentur und lebte und arbeitete nahezu das gesamte Jahr „auf der Insel“. Er spricht neben Spanisch auch Mallorquin, um sich besser verständigen zu können; unter seinen Freunden finden sich inzwischen neben vielen Deutschen auch „einheimische“ Inselbewohner. Er besitzt darüber hinaus ein Mehrfamilienhaus in Düsseldorf. Seine Erben wollen das Grundstück in Deutschland auf sich umschreiben lassen.

Hat der Erblasser keine Rechtswahl für sein Heimatrecht getroffen, spricht vorliegend vieles dafür, dass das spanische Recht zur Anwendung gelangt, da der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt wohl auf Mallorca hatte. Spanisches Recht gilt damit sowohl für den in Deutschland belegenen Grundbesitz, als auch für das Vermögen in Spanien. Die Erben benötigen zur Berichtigung der Eigentumsverhältnisse im deutschen Grundbuch einen tauglichen Erbnachweis. Den Nachweis der Erbfolge können sie mit einem Europäischen Nachlasszeugnis (ENZ) führen, für deren Erteilung die spanischen Gerichte zuständig sind.  Die Eintragung der Rechtsänderung in das deutsche Grundbuch richtet sich (ausnahmsweise) nicht nach der EU-Erbrechtsverordnung, sondern nach nationalem, hier also deutschem Sachenrecht (s. Art. 1Abs. 2 lit. l) EuErbVO).

Das Beispiel zeigt, dass eine Rechtswahl für das deutsche Heimatrecht vorteilhaft sein kann, wenn die Lebenssituation der Beteiligten eine wie auch immer geartete Auslandsberührung aufweist, insbesondere dann, wenn sich der gewöhnliche Aufenthalt eines deutschen Erblassers im Ausland befindet oder später befinden könnte.
Geltendmachung und Abwehr von Pflichtteilsansprüchen

Jeder Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass der Erbe über den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilt. Gemäß § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB kann er auch verlangen, dass ein Notar das Nachlassverzeichnis erstellt.

Nach der Rechtsprechung der Obergerichte hat der Notar sowohl den tatsächlichen als auch den sog. fiktiven Nachlass zu ermitteln (vgl. zuletzt OLG Bamberg, Beschluss vom 16.06.2016 – 4W 42/16).  Der fiktive Nachlass ist im Bestand des Nachlasses tatsächlich nicht mehr verfügbar, etwa weil der Erblasser den Gegenstand bereits zu seinen Lebzeiten verschenkt hat.

Die Aufnahme des fiktiven Nachlasses ist besonders deshalb wichtig, weil sich für den Pflichtteilsberechtigten hieraus neben seinen Pflichtteilsansprüchen auch sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche ergeben können. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung seines Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem (noch vorhandenen) Nachlass hinzugerechnet wird, § 2325 Abs. 1 BGB. Hierbei spielt auch die Wertbestimmung des fiktiven Nachlasses eine entscheidende Rolle, denn der aktuelle Wert des Gegenstandes kann vom Wert des Gegenstandes im Zeitpunkt der Schenkung erheblich abweichen.
Ein Beispiel:

Der verwitwete Erblasser hinterläßt nur seine beiden Kinder, einen Sohn und eine Tochter, und ein Barvermögen in Höhe von EUR 100.000,--. Er hat die Tochter testamentarisch zur Alleinerbin bestimmt; der Sohn möchte seine Pflichtteilsansprüche geltend machen. Diese stehen dem Sohn in Höhe der Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, mithin in Höhe von ¼ des Nachlasses zu. Daraus ergibt sich ein Pflichtteilsanspruch des Sohnes gegen seine Schwester in Höhe von EUR 25.000,--.

Schwieriger liegt der Fall, wenn der Erblasser seiner Lebensgefährtin wenige Monate vor seinem Tod ein Wochenendhaus geschenkt hat, das nun im Nachlass „fehlt“. Das Wochenendhaus hat ebenfalls einen Wert von EUR 100.000,--. In diesem Fall ist der Wert des Wochenendhauses als fiktiver Nachlass dem tatsächlichen, also noch verfügbaren Nachlass hinzuzurechnen, sodass sich der Pflichtteils (ergänzungs)- anspruch des Sohnes nun nach EUR 200.000,-- bemißt und EUR 50.000,-- beträgt.

 
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